ATMP Workshop 2023: Von Zell- und Gentherapien bei Erkrankungen des hämatopoetischen Systems bis zum EU Pharma-Paket

Am 30. November 2023 war es wieder soweit: Erneut trafen sich in Potsdam ca. 160 Experten aus der „ATMP-Szene“ und Behördenvertreter zum diesjährigen Symposium „The Product is the Process: Is it? – Manufacturing and Translation of ATMPs and Tissue- & Cell-based products“.

Die Veranstaltung ist eine gemeinsame Initiative des Paul-Ehrlich-Institut (PEI), dem Biotechnologieverbund Berlin Brandenburg (bbb), dem German Stem Cell Network (GSCN) sowie der Expertenfachgruppe 4 der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG). „Die ungebrochen hohe Resonanz, und das als reine on-site Veranstaltung ist ein tolle Wertschätzung und zugleich Ansporn“, so Dr. Ralf Sanzenbacher im Namen der Organisatoren.

Die wissenschaftlich hochkarätigen Vorträge widmeten sich innovativen zell-und gentherapeutischen Arzneimitteln zur Behandlung von angeborenen und erworbenen Erkrankungen des hämatopoetischen Systems. Prof. Marina Cavazzana, Leiterin des Department Biotherapy am Necker Hospital Paris, legte ihren Schwerpunkt auf klassische und neue lentivirale Vektoren zur Gentherapie der Sichzellanämie und von Beta-Thalassämien. Beides sind Erkrankungen, die durch Mutationen in Hämoglobin-kodierenden Genabschnitten verursacht werden. Insbesondere die Sichelzellanämie ist dabei für die Patienten oft lebensbedrohlich. Die mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnete Pionierin auf dem Gebiet der Gentherapie wies dabei auf die erhebliche klinische Verbesserung der unter hohem Leidensdruck stehenden Patienten hin, zeigte jedoch auch Grenzen und fortbestehende Herausforderungen auf.

Prof. Roland Meisel, Stellvertretender Klinikdirektor und Leiter des Bereichs Pädiatrische Stammzelltherapie am Universitätsklinikum Düsseldorf, ergänzte in seinem beeindruckenden Beitrag die neuesten klinischen Daten zu „exa-cel“, einem auf einem ex vivo gene editing (GE) basierenden Arzneimittel. Brandaktuell war der Vortrag nicht zuletzt dadurch, dass die MHRA für Großbritannien nur wenige Tage zuvor hierfür die weltweit erste Zulassung für ein GE-basierendes Arzneimittel ausgesprochen hat.

Abgerundet wurde der gentherapeutische Fokus durch Dr. Matthias Renner vom PEI, der einen Ausblick zu anstehenden regulatorischen Anpassungen gab. Dr. Matthias Wilken vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie e.V. widmete sich ebenfalls der Regulatorik und stellte den aktuellen Kommissions-Entwurf zum Pharma-Paket vor. Teil des EU Pharma-Paket-Entwurfs ist u.a. die Berücksichtigung dezentraler Herstellungskonzepte, welche im Folgenden von Prof. Heiko von der Leyen anhand eines konkreten Beispiels einer möglichen CAR-T Herstellung veranschaulicht wurden.

Dr. Martin Schleef fokussierte in seinem fachlichen Vortrag auf die Herstellung und Qualitätskontrolle von Plasmid-basierten Vektorsystemen und Derivaten. PD Dr. Sabine Hünecke, Leiterin des Labors für Stammzelltransplantation und Immuntherapien an den Universitätskliniken Frankfurt/Main berichtete über ihre Erfahrungen bei der Entwicklung und Validierung durchflusszytometrischer Methoden zur Charakterisierung und Freigabetestung zellulärer Produkte. Abgerundet wurde der Tag durch Dr. Liam Childs, ebenfalls vom PEI. Er gab einen spannenden Einblick in die Zukunft mittels Einsatz von artificial intelligence (AI) Systemen bei Arzneimittelentwicklung und Überwachung. Eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe ist für Ende 2024 geplant.

Das Bild zeigt die Referenten und Veranstalter, v.l.n.r.:

Prof. Dr. Marina Cavazzana, Necker-Enfants Malades Hospital/ Institut Imagine Paris,
Prof Dr. Roland Meisel, Universitätsklinikum Düsseldorf,
PD Dr. Matthias Renner, Paul-Ehrlich-Institut,
Dr. Martin Schleef, Plasmid Factory GmbH,
Prof. Dr. Heiko von der Leyen, Orgenesesis Inc,
Dr. Matthias Wilken, Bundesverband der pharmazeutischen Industrie e.V.
Fehlend: Dr. Liam Childs, Paul-Ehrlich-Institut

Kontakt PEI: Ralf.Sanzenbacher@pei.de